Die kleine Stadt Lucca liegt nur rund 20 Kilometer von Pisa entfernt und ist besonders bekannt für die noch sehr gut erhaltene Stadtmauer, auf der man heutzutage flanieren kann.
Voller Tatendrang habe ich mir vorgenommen mit dem Fahrrad nach Lucca zu fahren. Den größten Teil des Stücks bin ich auf der Landstraße gefahren, vorbei an Sonnenblumenfeldern und kleineren Dörfern. Laut meinem Fahrradtourenbuch hätte ich eigentlich mehr Querfeldein fahren können. Aber spätestens nach mehreren, lauten Hundegebellen in der Einsamkeit habe ich mich das nicht so recht getraut. Insgesamt war die Tour daher leider recht langweilig, so dass ich sie nicht unbedingt weiterempfehle. Die Anstrengung hielt sich dafür aber auch in Grenzen. Das Schlimmste war das unbequeme Fahrrad und nicht die Wegbeschaffenheit.
In Lucca angekommen, habe ich zunächst auf dem Stadtwall pausiert und bin anschließend ein bisschen durch die Straßen spaziert. Leider wurde ich dann erstmal von einem kurzen, aber heftigen Regenschauer überrascht. Aber bloß kein Trübsal blasen. Lohnt sich auch nicht, denn Lucca ist eine recht hübsche und beschauliche Ort. Obwohl es gefühlt mehr Touristen als in Pisa gibt, die sich durch die engen Gassen schlängeln, wirkt die Stadt gemütlich. Einen besonders schönen Blick kann man übrigens auch in luftiger Höhe genießen, zum Beispiel vom Torre delle Ore oder vom Torre Guinigi. Da ich zuerst auf den letztgenannten gestoßen bin, entschied ich mich dafür, diesen zu erklimmen. Im Nachhinein wäre eine Regulierung der Touristen praktisch gewesen, da es oben auf dem Turm wirklich sehr eng ist und man quasi nur in eine Richtung vorwärts kommt. Aber gut, so wird man gleichzeitig auch zu mehr Ruhe und Gelassenheit gezwungen und kann sich die Stadt und die umliegende Landschaft näher anschauen.
Am frühen Nachmittag muss ich mich entscheiden: Fahre ich mit dem Rad zurück und folge einem Stück dem Nottolini-Aquädukt? Oder fahre ich mit dem Zug zurück und besuche heute noch den Strand? Nach dem Misserfolg von gestern entscheide ich mich für das letztere, denn: Ich will unbedingt ans Meer und dem Rauschen der Wellen lauschen.
Zurück in Pisa packe ich eine kleine Tasche mit Handtuch & Co., ziehe mir vorsorglich schon mal Badezeug unter und mache mich dann auf dem Weg zum Fahrradverleih, um das geliehene Fahrrad abzugeben. Selbst das ist aber in Pisa ein Ding der Unmöglichkeit. Der einzig mir bekannte Fahrradverleih in der Innenstadt hat nämlich zwei Standorte: Eine kleine überdachte Halle und einen Freiluftstandort. Beides in der Nähe des Schiefen Turms von Pisa. Ich habe gestern mein Rad aus der Halle geholt. Dort ist heute niemand. Also möchte ich es am anderen Standort abgeben. Dort werde ich vertröstet. Man könne mir mein Rad jetzt nicht abnehmen. Stattdessen solle ich noch eine Stunde warten bis der Verleih beim anderen Standort öffnet. Hallo? Schon einmal etwas von Kundenfreundlichkeit gehört? Ist es meine Schuld, dass der andere Standort nicht geöffnet hat? Ich bin verdutzt und tatsächlich dauert es über eine halbe Stunde – ich werde dabei immer geladener, diskutiere immer lauter (möglichst „geschäftsschädigend“) – bis ich das Rad endlich los bin. Mir will noch immer nicht einleuchten, was genau das Problem war. Sicher, der Verleiher hatte noch meinen Personalausweis. Deswegen bat ich ihn ja, das Rad zu checken und einfach meinen Namen zu notieren, so dass ich diesen zu einem späteren Zeitpunkt an der anderen Stelle hätte abholen können. Man sollte meinen, dass das eigentlich kein Problem wäre. Ohne Worte!
Als ich im Zug nach Viareggio sitze, bin ich befreit. Kein Rad mehr, keine Sorgen mehr, nur noch eine Nacht in dieser doofen Unterkunft und dann geht es (endlich) weiter. Jetzt freue ich mich aber erst einmal aufs Meer. Leider zieht der Himmel wieder etwas zu. Es regnet zwar nicht, aber richtig schönes Badewetter ist auch etwas anderes. In Viareggio angekommen, bin ich erschrocken. Ich hatte in meiner Vorstellung einen schicken Badeort im Kopf. So wurde es mir in vielen Reiseführern signalisiert. Stattdessen habe ich das Gefühl am Ballermann gelandet zu sein. Die Strandpromenade ist nicht wirklich hübsch. Im Gegenteil: Es reihen sich olle Häuser mit Kleidungsgeschäften und Imbissen aneinander. Keine Ahnung, mich reißt es nicht vom Hocker. Am schlimmsten ist zudem der Strand. Liegestuhl an Liegestuhl liegen aneinander wie die Sardinen in der Büchse. Wie häufig in Italien zu finden, ist er auch hier größtenteils „privat“, d.h. man muss Geld blechen, wenn man sich dort niederlassen möchte. Für reine Badegäste oder Strandspaziergänger wie mich, ist das kein Problem, denn das ist trotzdem kostenfrei möglich. An der Hafenmole gibt es zudem ein kleines Stück kostenfreien Sandstrand. So richtig Badelust packt mich dennoch nicht, aber immerhin meine Waden kommen in den Genuss des Meerwassers.
Zurück in Pisa mache ich noch einige Fotos vom Schiefem Turm im blauen Abendhimmel bevor ich müde ins Bett falle.