Während der Schwangerschaft habe ich es geliebt, Geburtsberichte zu lesen oder bei youtube zu schauen. Mein Freund fand das nicht gut. Er meinte immer, es würde mich ängstigen und panisch machen. Dabei hat es mir tatsächlich viel eher geholfen, zu erfahren, was bei der Entbindung alles so passieren kann, bis man sein Kind in den Armen hält. Daher möchte ich etwas zurückgeben und allen Interessierten meinen Geburtsbericht nicht vorenthalten.
Was ich mir für meine Entbindung gewünscht habe, erfährst du übrigens in dem Beitrag » Mit Plan in die Geburt.
Die Vorzeichen
Angeblich kann man in den letzten vier Wochen vor der Geburt sogenannte Senkwehen spüren. Mein ET war der 11. Mai und bis Anfang Mai habe ich überhaupt nichts gemerkt. Erst dann bekam ich ganz leichte Krämpfe im Unterleib, die täglich vielleicht fünf Mal für je maximal eine Minute auftraten. Diese Krämpfe fühlten sich ein bisschen an wie Unterleibsschmerzen während der Menstruation.
Am 7. Mai hatte ich schließlich den letzten Termin bei meiner Frauenärztin. Dort wurde noch einmal ein CTG geschrieben. Es war unauffällig. Da der 11. Mai ein Sonnabend war, wurde ich der Obhut meiner Entbindungsklinik überlassen. Das heißt, dass ich mich am Tag des ETs für ein weiteres CTG im Krankenhaus melden sollte.
Schmerzen in der Nacht
Der 10. Mai war eigentlich ein Freitag wie viele andere Freitage. Wie bereits die Tage zuvor hatte ich leichte Krämpfe im Unterleib. Außerdem war mir gegen Mittag ein bisschen übel. Am späten Nachmittag häuften sich die Krämpfe, waren aber noch immer sehr schwach. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass die Geburt naht und war mir sicher, dass ich noch an diesem Wochenende mein Kind in den Armen halten dürfte.
Als ich am Abend ins Bett ging, durchzog mich plötzlich ein starker Schmerz. Es tat weh. Wo genau kann ich gar nicht sagen. Doch kaum lag ich im Bett, musste ich aufstehen. Es war mehr als nur ein Krampf im Unterleib. Ich verschwand kurz ins Bad und legte mich dann wieder hin. Allerdings musste ich nach nicht einmal fünf Minuten erneut aufstehen. Ich konnte keine Ruhe finden. Die nächsten anderthalb Stunden verbrachte ich zum größten Teil im Bad, um Schmerzen zu haben und gefühlt den Darm vollständig zu entleeren. Am besten erging es mir während einer Wehe (so deute ich den Schmerz im Nachhinein) auf dem Klo oder mit dem Unterarmen aufgestützt auf der Waschmaschine. Meine Beine zitterten. Mittlerweile war ich mir ganz sicher – das sind „richtige“ Wehen. Ich hatte jedoch häufig genug Berichte gelesen, bei denen die Frauen zu früh im Krankenhaus waren und wieder weggeschickt wurden. Das sollte mir nicht passieren. Um also sicher zu sein, dass ich wirklich Wehen hatte, machte ich gegen Null Uhr den Badewannentest. Dabei sollen echte Wehen schlimmer werden, während sonst die Schmerzen vergehen. Ja, was soll ich sagen? Mir ging es in der Wanne super. Die Wehen hörten auf. Also falscher Alarm. Doch nachdem ich mich abgetrocknet hatte, ging es wieder los. Nachdem der Darm nun völlig entleert war, machte der Magen sich daran, allen Ballast abzuwerfen und so übergab ich mich in dieser Nacht sicher vier, fünf Mal.
Zu Fuß ins Krankenhaus
Ob echte Wehen und nicht – mir ging es scheiße und ich wollte ins Krankenhaus. Also den Freund geweckt (der bislang versuchen sollte zu schlafen) und gesagt, dass ich jetzt in die Klinik will. Sofort! Das war so ein Moment … – Männer beeilen sich bestimmt, aber in der Situation dachte ich, der wird nie fertig.
Als wir endlich gegen Zwei Uhr nachts losgingen, ging es mir immer beschissener. Trotzdem liefen wir zum Krankenhaus. Eigentlich schafft man die Strecke in etwa zwanzig Minuten. Nun dauerte es allerdings knapp eine Stunde. Alle zehn Schritte hielt ich an. Jammerte. Schrie vor Schmerzen. Ich wollte nicht mehr. Mir tat alles so weh. Es fühlte sich an als ob ich innerlich zerreiße. Ich konnte nicht mehr. Und so meinte ich zu meinem Freund, dass wir für das letzte Stück ganz unbedingt die Straßenbahn nehmen müssten. Für eine Station. Leider ließ die Bahn fast eine Viertelstunde auf sich warten. Doch dann war es geschafft. Wir hatten das Gelände des Krankenhauses erreicht. Dort habe ich mich im Schutz der Dunkelheit erstmal an irgendeine Häuserwand gehockt. Ich hatte nämlich das Gefühl, dass ich Pipi machen muss. Aber es kam nichts. Also Hosen wieder hochgezogen und weiter gequält. Als wir in dem Gebäude ankamen, in dem sich der Kreißsaal befindet, hat mein Freund dort geklingelt um mich anzumelden. Ich verschwand in der Zeit rasch auf der Besuchertoilette und sah es – Blut im Schlüpfer. Wahrscheinlich war das der sogenannte Schleimpropf, der nun abgegangen war.
Das Warten hat ein Ende
Endlich waren wir im Krankenhaus. Im Bereich des Kreißsaals. Die Hebamme nahm seelenruhig meine Daten auf und schloß mich ans CTG an. Das hatte es schwer, denn ich konnte vor Schmerzen nicht wirklich ruhig liegen. Danach untersuchte sie den Muttermund. Er war offen.
Das habe ich mir schon fast gedacht. Ihr Muttermund ist geöffnet. Sie können jetzt loslegen.
Kurz darauf „hörte“ ich wie meine Fruchtblase platzte. Mein Unterleib schwamm in Flüssigkeit. Aber das war mir jetzt auch egal. Es ging los. Pressen, Geburtspositionen ausprobieren, Schmerzen haben. Gern wollte ich im Vierfüßlerstand entbinden. Jedoch riet mir die Hebamme aufgrund der Stelle meiner Schmerzen dazu, auf dem Rücken liegend zu entbinden. Ich empfinde diese Position ehrlich gesagt als ziemlich unbeholfen; irgendwie so wie ein Käfer, der auf den Rücken gefallen ist. Trotzdem bin ich dem Rat gefolgt, denn die Frau hat bestimmt mehr Ahnung als ich. Dann sollte ich pressen. Ich bereue, dass ich die Atemübungen aus dem Geburtsvorbereitungskurs nicht regelmäßig gemacht habe. Unter der Anleitung der Hebamme geht es aber. Mir tut alles weh. Ich hoffe, dass die Schmerzen bald vorbei sind. Plötzlich faselt die Hebamme etwas von Dammschnitt. Was? Ich wollte doch keinen Dammschnitt. Das sage ich ihr auch. Sie erklärt mir ganz ruhig, wieso sie das machen möchte. Ich willige ein. Obwohl sie den Schnitt auf der Höhe der Presswehe macht, zwickt es ganz schön. Ich presse noch zwei oder drei Mal. Dann ist er da, der Moment auf den wir 40 Wochen gewartet hatten: Unser Baby ist zu sehen. Vergessen all die Schmerzen der Nacht.
Nach der Geburt ist vor dem Schmerz
Die Hormone haben für einen totalen Glücksflash gesorgt. Nachdem mein Baby auf meiner Brust lag und gestillt wurde, durfte es in Papas Armen. Dort musste es dann auch erst einmal bleiben, weil mein Dammschnitt genäht werden musste und spontan auch noch ein anderer, kleiner Eingriff notwendig geworden war. Beides piekste zwar etwas, war aber auszuhalten.
Wurden meine Wünsche erfüllt?
Vielleicht war die Entbindung nicht genau so, wie ich sie mir gewünscht hätte. Trotzdem war sie in jeder Hinsicht perfekt. Ab 22 Uhr hatte ich zwar immer stärker werdende Schmerzen, aber mein Baby war nach nicht einmal sieben Stunden bereits auf der Welt. Dadurch, dass ich zum Krankenhaus gelaufen bin, habe ich – laut Hebamme – viel für den Geburtsfortschritt getan. Gleichzeitig war ich abgelenkt und beschäftigt. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass ich, wenn ich diese Zeit bereits im Kreissaal verbracht hätte, ich ganz bestimmt Schmerzmittel genommen hätte. Tatsächlich lief die Entbindung selbst – bis auf den Dammschnitt – aber ohne jegliche medizinische Interventionen. Ich habe keinen Einlauf, keinen Venenzugang und keine Schmerzmittel bekommen. Erst als das Kind geboren war, wurde mir ein Venenzugang gelegt (Schmerzmittel). Leider erfolgte das ohne Rücksprache mit mir. Ich muss aber gestehen, dass ich so glücklich war, dass ich das gar nicht mitbekommen habe.
Für mich ist es so krass, dass ich das geschafft habe. Dass ich auf natürlichem Wege entbunden habe. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich das schaffen werde, aber ich habe nie wirklich daran geglaubt. Danke!
Wie hast du deine Entbindung erlebt? Verlief sie so, wie du es dir gewünscht hast?
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